Hannes Jähnert

"Der Engagementsektor verfehlt die richtige Ansprache von Teenagern über das Internet zur Motivation für freiwilliges Engagement."

Hannes Jähnert, Referent soziale Innovation & Digitalisierung, Deutsches Rotes Kreuz

Marthe Lorenz

"Um die jungen Menschen in der Zukunft zu erreichen, müssen ihre Bedürfnisse aus psychologischer Perspektive betrachtet werden."

Marthe Lorenz, Gründerin, Fairplaid

Felix Oldenburg

"An der Schnittstelle von digitaler Gesellschaft und Stiftungsengagement wird in der Zukunft viel passieren."

Felix Oldenburg, Generalsekretär, Bundesverband deutscher Stiftungen

Holger Wicht

"Wie können im Digitalisierungsprozess Synergieeffekte durch die Zusammenarbeit von NGOs erzielt werden?"

Holger Wicht, Pressesprecher, Deutsche Aidshilfe

Johannes Müller

"Es findet zunehmend eine Dezentralisierung und Flexibilisierung des Engagements statt."

Johannes Müller, Engagement-Botschafter 2018 des BBE, Geschäftsführer CorrelAid

Hannes Jähnert

"Der Engagementsektor verfehlt die richtige Ansprache von Teenagern über das Internet zur Motivation für freiwilliges Engagement."

Hannes Jähnert, Referent soziale Innovation & Digitalisierung, Deutsches Rotes Kreuz

Marthe Lorenz

"Um die jungen Menschen in der Zukunft zu erreichen, müssen ihre Bedürfnisse aus psychologischer Perspektive betrachtet werden."

Marthe Lorenz, Gründerin, Fairplaid

Felix Oldenburg

"An der Schnittstelle von digitaler Gesellschaft und Stiftungsengagement wird in der Zukunft viel passieren."

Felix Oldenburg, Generalsekretär, Bundesverband deutscher Stiftungen

Holger Wicht

"Wie können im Digitalisierungsprozess Synergieeffekte durch die Zusammenarbeit von NGOs erzielt werden?"

Holger Wicht, Pressesprecher, Deutsche Aidshilfe

Johannes Müller

"Es findet zunehmend eine Dezentralisierung und Flexibilisierung des Engagements statt."

Johannes Müller, Engagement-Botschafter 2018 des BBE, Geschäftsführer CorrelAid

"An der Schnittstelle von digitaler Gesellschaft und Stiftungsengagement wird in der Zukunft viel passieren."

Felix Oldenburg, Generalsekretär, Bundesverband deutscher Stiftungen

Expert*inneninputs zur dritten Kommissionssitzung am 25.01.2019

Zur dritten Sitzung

Die Sachverständigenkommission des Dritten Engagementberichts hat sich in etwa monatlich getroffen. Zu jeder Kommissionssitzung wurden Vertreter*innen von Vereinen, Organisationen oder Aktivist*innen eingeladen, um mit den Kommissionsmitgliedern über ihre Erfahrungen aus der Praxis zu diskutieren.

Das Thema der dritten Kommissionssitzung war die Digitalisierung des Engagementsektors. Im Mittelpunkt standen die Fragen: Welche Veränderungen lassen sich in Zeiten der Digitalisierung im Engagementsektor beobachten und welche Entwicklungen halten Sie für richtungsweisend für das junge Engagement der Zukunft?

Im Folgenden können Sie die Statements der Inputgeber*innen lesen. Es ist ausserdem möglich, das vollständige Protokoll herunterzuladen.

Inputgeber*innen

Johannes Müller

BBE (Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement), CorrelAid

Zum Statement

Hannes Jähnert

Deutsches Rotes Kreuz

Zum Statement

Felix Oldenburg

Bundesverband deutscher Stiftungen

Zum Statement

Holger Wicht

Deutsche Aidshilfe e.V. 

Zum Statement

Johannes Müller

(c) Johannes Müller
(c) Johannes Müller

Engagement-Botschafter 2018 des BBE, Geschäftsführer CorrelAid

Johannes Müller ist Gründer von CorrelAid e.V. und Engagement Botschafter BBE. CorrelAid ist seit Juli 2015 als gemeinnütziger Verein in Konstanz eingetragen. Der Verein hat derzeit ein ehrenamtliches Organisationsteam aus 15 Leuten und ein Netzwerk von 650 ehrenamtlichen Datenanalyst*nnen die NGOs dabei unterstützen Ihre Daten zu nutzen und zu analysieren.

"Es findet zunehmend eine Dezentralisierung und Flexibilisierung des Engagements statt."

Johannes Müller gründete den gemeinnützigen Verein CorrelAid, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Potenzial von Datenanalyse und maschinellem Lernen zu demokratisieren. Mittlerweile besteht das Netzwerk aus 700 ehrenamtlichen Data Scientists aus ganz Deutschland, die CorrelAid im Bereich Datenschutz, Datensicherheit und Projektmanagement schult und sie anschließend an Non-Profit-Organisationen vermittelt. So werden gemeinsam Projekte durchgeführt, die das Ziel haben, die Wirkung von den Organisationen zu vergrößern. Im neuen Projekt mit Minor Kontor – ein Projektkontor für Bildung und Forschung werden z. B. die Fragen und Probleme von geflüchteten Menschen untersucht. CorrelAid hat dazu viele anonymisierte Daten in den sozialen Medien gesammelt und Verfahren des maschinellen Lernens eingesetzt, um Muster zu finden, wie das vermehrte Auftreten bestimmter Themen, Fragen oder Unterschiede je nach Herkunftsland etc. Ein anderes Projekt finde mit dem Lokal Mannheimer Platte statt, das bedürftigen Bürger_innen günstige Speisen und Getränke anbietet. Johannes Müller, Geschäftführer von CorrelAid erklärt, dafür werde der Absatz untersucht, um so Vorhersagen treffen zu können. “Analysen der Absatzergebnisse werden von Unternehmen ganz selbstverständlich durchgeführt. Zivilgesellschaftlichen Organisationen fehlen jedoch häufig die Expertise und die Ressourcen. Die Freiwilligen von CorrelAid übernehmen genau solche Arbeiten für Organisationen wie die Mannheimer Platte”, erklärt Müller. Die Zusammenarbeit finde mit großen Organisationen wie dem Gestalter_innen-Netzwerk Ashoka oder dem Europäischen Jugendparlament statt, als auch mit kleineren Organisationen, bei denen der Bezug zu künstlicher Intelligenz nicht vermutet werden würde wie z. B. beim norddeutschen Pfadfinderbund oder dem Mannheimer Turnverein. “Digitale Organisationen wie CorrelAid sind sehr viel dezentraler aufgestellt”, hält Müller in Hinblick auf die Charakteristika neuer, digitaler Organisationen fest. Zum Zeitpunkt der Gründung von CorrelAid war Müller für einen Studienaufenthalt in Schweden und fand sein Team über verschiedene Verteiler, gründete mit ihnen den Verein und führte erste Projekte durch. Erst nach einem halben Jahr traf sich das Team das persönlich. “Es findet zunehmend eine Flexibilisierung des Engagements statt”, führt Müller weiter aus. Bei CorrelAid können sich Engagierte flexibel nach ihrer verfügbaren Zeit einbringen. Auch das Thema Crowdsourcing sei kennzeichnend für neue digitale Organisationen, weil es sie sehr kosteneffizient mache. Am Beispiel von CorrelAid beziehe sich das Crowdsourcing auf die Suche nach Personen aus dem Netzwerk, die Projekte übernehmen. Ähnlich gestalte es sich bei WeFugees, einem Forum, in dem sich Geflüchtete informieren und Fragen an Locals stellen können, die von einer großen Community flexibel je nach Verfügbarkeit beantwortet werden. Auch Wikipedia sei ein Engagement, bei dem Crowdsourcing stattfinde - “Wikipedia entspricht nicht dem Verständnis des klassischen Engagements”, so Müller, “ist aber durchaus als punktuelles Engagement zu verstehen”. Junge, digitale Organisationen seien zudem besonders um Partnerschaften und Kooperationen bemüht. Als Beispiel führt Müller ein Projekt mit Stifter Helfen an, die Software-Spenden von großen Tech-Unternehmen an Non-Profit Organisationen vermittelt und dafür eine Art E-Commerce-Plattform betreibt. Gemeinsam entwickelten fünf CorrelAid Engagierte und fünf Mitarbeitende des Beratungsnetzwerks/Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC (PricewaterhouseCoopers International) ehrenamtlich ein Dashboard für Stifter Helfen, mit dem die Marketingaktivitäten der Plattform evaluiert werden können. So ergab sich durch die Zusammenarbeit von Engagierten verschiedener Organisationen ein Tool, mit dem zivilgesellschaftlichen Projekten bei Digitalisierungsprozessen geholfen werden konnte. Als letztes Charakteristika digitaler Organisationen führt Müller die Mentalität des offenen Wissens an: “Während bei herkömmlichen Non-Profit-Organisationen Wissen eher proprietär ist, vertreten Organisationen wie CorrelAid eine Open Source-Mentalität, bei der sie ihr Wissen mit anderen teilen, um so Innovationen zu verbreiten und anderen ähnliche Möglichkeiten zu bieten.”

Hannes Jähnert

(c) Joerg Farys
(c) Joerg Farys

Digitalberater beim Deutschen Roten Kreuz

Hannes Jähnert ist seit Anfang 2017 Referent für soziale Innovation und Digitalisierung beim Deutschen Roten Kreuz. Er hat Soziale Arbeit und Bildungswissenschaften studiert und unterschiedliche Weiterbildungen im Freiwilligenmanagement bei der Akademie für Ehrenamtlichkeit Deutschland absolviert. Als selbsternannter Engagementblogger und Freizeitforscher beschäftigt sich Hannes seit 2009 mit der Digitalisierung im Ehrenamt und aktuellen Wandlungsprozessen in der Zivilgesellschaft

"Der Engagementsektor verfehlt die richtige Ansprache von Teenagern über das Internet zur Motivation für freiwilliges Engagement."

Hannes Jähnert ist Engagementblogger und Freizeitforscher und bloggt seit 2009 auf seinem eigenen Blog über freiwilliges Engagement. Er verweist auf die erstmalige Abfrage des digitalen Engagements im Freiwilligensurvey 2014 (freiwillige Tätigkeit findet teilweise, überwiegend oder ausschließlich im Internet statt). Eine von Jähnert eigenständig durchgeführte Auswertung des Datensatzes verdeutlicht seines Erachtens, in welchen Altersgruppen das digitale Engagement am stärksten ausgeprägt ist. Ein Großteil der Befragten (58% - 55% “teilweise”, 3% “überwiegend” oder “ausschließlich”) engagiert sich mindestens teilweise über das Internet. Auffällig erscheint für ihn, dass sich weniger als 50% der Teenager und der über 75-Jährigen teilweise über das Internet engagieren, obwohl insbesondere der jungen Zielgruppe eine hohe Internetaffinität nachgesagt wird. Jähnert: “Teenager engagieren sich ungefähr so häufig über das Internet wie ihre Großeltern!” Seine These stützt sich auf den erhöhten Flexibilisierungsbedarf von Erwachsenen bei Engagement-Tätigkeiten, welcher durch die vielfältigen Möglichkeiten der Internetnutzung bedient wird. Jugendliche hingegen haben diesen Bedarf an Flexibilität nicht, so Jähnert. Sie nutzen das Internet auf eine andere Art und Weise als Erwachsene. Eine Auswertung des Schweizer Haushaltspanels von Filsinger und Freitag (2018) unterstützt aus seiner Sicht diese Annahme zusätzlich, indem der Effekt von täglicher Internetnutzung und Alter auf das die Wahrscheinlichkeit der Ausübung von Freiwilligenarbeit veranschaulicht wird. Es zeige sich, dass es bei Jugendlichen mit täglicher Internetnutzung weniger wahrscheinlich ist, sich freiwillig zu engagieren als bei Älteren. Sie nutzten das Internet eher zur asynchronen Kommunikation, während Ältere es als Werkzeug und auch als Möglichkeit nutzen, eine Engagementtätigkeit zu suchen. Jähnert verweist darauf, dass der Schweizer Haushaltspanel ein abweichendes Verständnis von Freiwilligenengagement zugrunde legt. Der Auswertung von Filsinger und Freitag lässt sich ebenfalls entnehmen, dass die (inter-)aktive Nutzung sozialer Medien die Wahrscheinlichkeit für freiwilliges Engagement bei jungen Menschen steigen lässt. Aus diesen Erkenntnissen lässt sich ableiten: “Der Engagementsektor verfehlt die richtige Ansprache von Teenagern über das Internet zur Motivation für freiwilliges Engagement, weil sie aus der Perspektive Erwachsener gedacht wird”, so Jähnert.

 

Marthe Lorenz

(c) Michael Adamczyk
(c) Michael Adamczyk

Gründerin fairplaid

Marthe-Victoria Lorenz ist die Gründerin von fairplaid. Als ehemalige Trainerin, Jugendwartin und Abteilungsleiterin beim MTV Stuttgart 1843 e.V. kennt sie die Situation der Vereine von innen genau. Nachdem sie ihre Bachelor-Arbeit über Crowdfunding im Sport geschrieben hat, hat sie sich gerade deshalb dafür entschieden, fairplaid zu gründen. Sie trainiert die u12w der Berlin Tiger.

"Um die jungen Menschen in der Zukunft zu erreichen, müssen ihre Bedürfnisse aus psychologischer Perspektive betrachtet werden."

Marthe Lorenz ist Gründerin des Social Startups “fairplaid”, Deutschlands größte Crowdfunding Plattform für den Sport. Zum Zeitpunkt der Gründung war Lorenz 23 Jahre jung, dementsprechend fällt es ihr leicht, die Perspektive der Zielgruppe des Dritten Engagementberichts nachzuvollziehen. Dazu trägt auch ihr ehrenamtliches Engagement beim Verein Türkiyemspor Berlin e.V. bei, in dem sie als Trainerin einer weiblichen U12-Mannschaft tätig ist und durch den regelmäßigen Kontakt mit den Jugendlichen auch deren Mediennutzungsverhalten besonders gut nachvollziehen kann.

“Um nachvollziehen zu können, weshalb sich Crowdfunding als Beteiligungsform im Internet etablieren konnte, ist es notwendig, die Bedürfnisse junger Menschen zu verstehen”, so Lorenz. “Freiheit, Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit sind zentrale Bedürfnisse junger Menschen”, führt sie weiter aus. In einem Interview erzähle z. B. das Model und Instagram-Star Stefanie Giesinger, dass sie durch Social Media-Profile die Möglichkeit habe, direkt mit ihren Fans zu kommunizieren und Berichte der Presse richtigzustellen. Gleichzeitig könne sie durch ihre große Reichweite (3,5 Mio. Follower bei Instagram) frei darüber entscheiden, mit wem sie zusammenarbeite oder Kooperationen eingeht. Lorenz betont weiterhin, dass der Social Media Auftritt zu mehr Unabhängigkeit führt, was besonders in Strukturen wie dem Sport attraktiv sei. So fließen beispielsweise 81 Prozent aller Sponsorengelder im Sport in die Männer-Fußball-Bundesliga. Um unabhängiger und flexibler in Bezug auf Kapitalgeber_innen, der Presse sowie weiteren Intermediär_innen zu sein, sei die Selbstdarstellung auf Social Media Plattformen wichtig, auf denen sich Menschen selbstbestimmt und frei in der Gestaltung präsentieren können. “Um die jungen Menschen in der Zukunft zu erreichen, müssen ihre Bedürfnisse aus psychologischer Perspektive betrachtet werden”, hält Lorenz fest. Sie führt weiter aus: “Junge Menschen nutzen Social Media dafür, dass sie eine Stimme haben, um gehört und gesehen zu werden und um Wertschätzung zu erfahren. Auf diese Bedürfnisse muss eingegangen werden, wenn man sie erreichen und motivieren möchte.”

Felix Oldenburg

(c) David Ausserhofer
(c) David Ausserhofer

Generalsekretär des Bundesverband deutscher Stiftungen

Felix Oldenburg ist seit 2016 Generalsekretär des Bundesverband deutscher Stiftungen und seit 2017 Vorsitzender des europäischen Stiftungsverbandsnetzwerkes Dafine. Er ist außerdem Mitherausgeber der Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen (npoR). Der Bundesverband deutscher Stiftungen hat 4.400 Mitglieder und sieht sich als Interessenvertretung der mehr als 22.000 Stiftungen in Deutschland.

"An der Schnittstelle von digitaler Gesellschaft und Stiftungsengagement wird in der Zukunft viel passieren"

Als Generalsekretär des Bundesverbands deutscher Stiftungen blickt Felix Oldenburg auf Engagement aus zwei Richtungen: Zum einen sind Stiftungen selbst Engagement-Orte. Die meisten Stiftungen haben laut Oldenburg ein Vermögen von weniger als eine Million Euro, entsprechen demnach nicht dem klassischen Bild großer Förderstiftungen. Zum anderen könne das Stiften selbst auch als Engagement verstanden werden. Im Projekt des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen “Next Philanthropy” finde ein intensiver Austausch mit jungen Stifter_innen statt sowie mit jenen, die sich in der Zukunft vielleicht einmal stifterisch engagieren werden. Oldenburg beobachtet insgesamt drei aufkommende Trends:

Zunächst scheine die Rechtsform der Stiftung eine immer geringere Rolle zu spielen und vermögende junge Menschen laut Oldenburg heute nicht sofort eine Stiftung gründeten, sehr wohl aber schon recht früh in ihrem Leben stifterisch aktiv würden. Für wohlhabende Menschen stelle sich im Leben viel eher die Frage nach einem gemeinwohlorientierten Einsatz des “überflüssigen” Vermögens. Häufig werde dies auch vom Bekanntenkreis erwartet und erfragt. In der Konsequenz der Verjüngung werde stifterisches Engagement von eben diesen Menschen mit der beruflichen Karriere bzw. eigenen wirtschaftlichen Interessen verknüpft und löse sich von dem Verständnis des Stiftens als reine Freizeitaktivität.

Der zweite von Oldenburg beobachtete Trend betrifft das Miteinander der Engagierten: “Engagement wird partizipativer und gemeinschaftlicher” Es zeige sich, dass seltener individuell gestiftet wird. Stattdessen würden häufiger Gemeinschaftsstiftungen wie z. B. die Frauenstiftung Filia oder Bürgerstiftungen gegründet. Zudem finden sich aus Oldenburgs Sicht häufiger Stifterkollektive zusammen, in denen mit digitalen Infrastrukturen, wie z. B. Crowdfunding, Crowdinvesting oder Crowdlending zunehmend unabhängig von klassischen Rechtsformen hantiert werde.

“Das stifterische Engagement wird digitaler, globaler und grenzüberschreitender”, so Oldenburg. Digitale Infrastrukturen und Plattformen, auf denen stifterisches Engagement stattfindet, seien Alltag. Vorangetrieben haben diese Entwicklung verschiedene gesellschaftliche Herausforderungen wie z. B. die Auseinandersetzung mit dem Flüchtlingsansturm.

Zur Veranschaulichung der Trends führt Oldenburg die IOTA-Stiftung des jungen Gründers Dominik Schiener an, welche als erste Stiftung anerkannt wurde, die allein über ein Krypto-Vermögen verfügt. Eine global vernetzte Entwickler-Community habe gemeinsam eine Kryptowährung geschaffen, die ein Transaktionsstandard für die Kommunikation von Maschinen untereinander liefert. Das Intellectual Property, der Code und die Krypto-Tokens wurden von Schiener in die Rechtsform einer Stiftung verlegt. Oldenburg führt an, dass die Rechtsform einer Stiftung als kollektive Eigentumsform, die einem bestimmten Zweck gewidmet ist, am geeignetsten sei. Als These formuliert er: “An der Schnittstelle von digitaler Gesellschaft und Stiftungsengagement wird in der Zukunft viel passieren, weil die Stiftungsrechtsform eine passende Lösung für all jene Menschen sein kann, die das Eigentum an den Daten und Infrastrukturen des eigenen Engagements halten wollen.”

Holger Wicht

(c) obs/Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
(c) obs/Deutsche AIDS-Hilfe e.V.

Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe e.V. 

Holger Wicht ist seit 2011 Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe e.V..  Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) ist der Dachverband von rund 120 Organisationen und Einrichtungen in Deutschland. Sie betreibt Prävention und vertritt die Interessen von Menschen mit HIV/Aids in der Öffentlichkeit sowie gegenüber Politik, Wissenschaft und medizinischer Forschung.

"Wie können im Digitalisierungsprozess Synergieeffekte durch die Zusammenarbeit von NGOs erzielt werden?"

Holger Wicht ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe, ein Dachverband von 120 Organisationen in ganz Deutschland. Die Deutsche Aidshilfe ist vorrangig in der HIV-Prävention und -Beratung tätig und setzt sich für die Interessen von Menschen mit HIV ein. Ursprünglich aus der Selbsthilfe entstanden, war die Deutsche Aidshilfe von Beginn an eine besonders analoge Organisation. Doch im Digitalisierungsprozess habe sich die Organisation sehr entschieden auf den Weg gemacht und sich schnell und erfolgreich entwickelt. Die neuen Chancen der Digitalisierung wurden erkannt und mittlerweile setze die Deutsche Aidshilfe auf eine crossmediale Kommunikationsstrategie, denn “digital ist nicht alles”, betont Wicht. Als Chancen der Digitalisierung nennt Wicht den Wandel, dass jeder Empfänger auch zum Sender wird und somit Kampagnen ganz anders gefahren werden können. Zudem bieten digitale Medien auch eine Niedrigschwelligkeit und bessere Zugänglichkeit der Angebote der Aidshilfe an, die durch die schambehaftete Thematik von großem Vorteil sei. Durch das Internet kann anonyme Selbsthilfe und anonyme Beratung angeboten werden, so Wicht, wie z. B. die Bestellung eines HIV-Selbsttests oder die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen mit HIV im Rahmen von Selbsthilfe, welche Hilfestellung und Beratung anbieten. In Bezug auf die Transparenz und Praktikabilität gesundheitsbezogener Thematiken (Stichwort “eHealth”) bieten sich aus Wichts Sicht durch die Digitalisierung Möglichkeiten und Vorteile für Menschen mit HIV. Gleichzeitig treten jedoch auch Risiken und Herausforderungen auf, wenn es um die Datenschutz-Autonomie und Selbstbestimmung im Umgang mit Daten gehe. Es sei wichtig, die Datenschutzstandards so hoch wie möglich anzusetzen und den Menschen eine größtmögliche Transparenz und Steuerung ihrer Daten zu bieten. Wicht fasst zusammen: “Digitalisierung ist nicht nur online gehen, sondern ist immer auch mit großen gesellschaftlichen Fragen und Debatten verbunden”. Weiterhin führt Wicht aus, dass die Digitalisierung auch zusätzlichen Arbeitsaufwand und folglich personelle und finanzielle Ressourcen erfordert. In vielen der Mitgliedsorganisationen stünden die Ressourcen nicht ausreichend zur Verfügung. Der Deutschen Aidshilfe ist eine positive Entwicklung in dieser Hinsicht laut Wicht gelungen, weil der Zuwendungsgeber, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von der Relevanz eines erfolgreichen Digitalisierungsprozesses überzeugt ist und die Deutsche Aidshilfe mit finanziellen Mitteln unterstützt wurde. Neben engen Kooperationspartnern aus der Privatwirtschaft, wie z. B. IBM, die die Deutsche Aidshilfe mit Know-How unterstützt haben, sei im Haus auch eine klare Richtungsentscheidung von der Führung kommuniziert worden. Schließlich wirft Wicht die Frage auf: “Wie kann man die Rahmenbedingungen für eine Digitalisierung von Organisationen, die häufig mit wenig Ressourcen auskommen müssen, verbessern und fördern? Wie können im Digitalisierungsprozess Synergieeffekte durch die Zusammenarbeit von NGOs untereinander erzielt werden?”

8. Sitzung: Infrastruktur und Plattformisierung

Was sind aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren die wichtigsten Entwicklungen im Bezug auf die digitale Infrastruktur im Engagementsektor (wie z.B. verbreitete Software oder Plattformen als auch Probleme oder Vorteile, die Sie darin erkennen) und welche Befürchtungen oder Hoffnungen diesbezüglich haben Sie für die Zukunft?

7. Sitzung: Junge Stimmen

“Wie steht es aus Ihrer Sicht um das junge Engagement in Deutschland? Was müsste die Politik aus Ihrer Sicht tun, um es zu stärken und welche Rolle spielt die Digitalisierung für das junge Engagement?”

6. Sitzung: Lessons Learned

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Schwierigkeiten und Hürden für die Umsetzung von Digitalisierungsschritten (wie z.B. Social Media und digitale Öffentlichkeitsarbeit, Nutzung von Plattformen oder die Umstellung auf neue digitale Infrastruktur) in Organisationen des zivilen Engagements?

5. Sitzung: Engagement von Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Wie verändert sich aus Ihrer Sicht das Engagement von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor dem Hintergrund der Digitalisierung? Welche Herausforderungen und Vorteile ergeben sich dadurch für Ihre Arbeit?

4. Sitzung: Trends des digitalen Engagements

Welche Arten der Engagements oder Möglichkeiten der Umsetzung sind mit der Digitalisierung aus Ihrer Sicht neu entstanden und welche Veränderungen ergeben sich daraus allgemeiner für das Engagement der Zivilgesellschaft heute?